BIOLOGIE DES MARDERS

Der Steinmarder (Martes foina) – Biologie und Lebensweise von Björn Kleinlogel, Darmstadt

Der Steinmarder lebt schon seit Jahrhunderten als Kulturfolger in der unmittelbaren Nachbarschaft des Menschen.

Dörfer und Städte bieten Steinmardern alles, was sie zum Leben brauchen. Es gibt ausreichend Nahrung, und die vorhandene Struktur bietet vielfältige Unterschlupf und Versteckmöglichkeiten. Die Städte und Dörfer sind trotz des strukturellen Wandels, der sie in den letzten Jahrzehnten veränderte, nach wie vor „marderfreundlich“. Marder sind in der Lage, sogar in den Zentren der Großstädte zu leben.

Trotz der unmittelbaren Nachbarschaft zwischen Mensch und Marder begegnet man diesen Tieren selten. Durch ihre nächtliche Aktivitätsphase verstehen sie es vortrefflich, dem Menschen aus dem Weg zu gehen. Gelegentlich kann man Marder nachts über die Straße laufen sehen. Man erkennt sie sofort an ihrem langgestreckten Körper und dem typischen „Mardersprung“, bei dem die Hinterpfoten in die Trittsiegel der Vorderpfoten gesetzt werden.

Oft wird man sich der Nachbarschaft der Marder erst dann bewußt, wenn die Nachtruhe durch Gepoltere auf dem Dachboden gestört wird, oder wenn Schäden am Auto auftreten. Diese Begegnungen mit dem Menschen brachten dem Steinmarder die Namen Hausmarder, Dachmarder sowie Automarder ein.

Systematische Einordnung

Der Steinmarder (Martes foina) wird mit den Wieseln, Nerzen, Iltissen, Dachsen, Honigdachsen und Ottern zur Familie der Marder (Mustelidae) zusammengefaßt. Es ist eine ursprüngliche Gruppe von Raubtieren, die weltweit etwa 270 Arten umfaßt.

Der nächste einheimische Verwandte des Steinmarders ist der Baummarder (Martes martes). Durch den goldgelben Kehlfleck und die schwarze Nase unterscheidet sich der Baummarder vom Steinmarder, bei dem der Kehlfleck weis und die Nase fleischfarben ist. Der Lebensraum des Baummarders sind große Laubwälder, im Siedlungsraum trifft man ihn nicht an.

Auch das Hermelin (Mustela erminea) und das Mauswiesel (Mustella nivalis) sind einheimische Verwandte des Marders. Ihre Körpergröße ist deutlich kleiner als die des Marders.

Lebensweise

Steinmarder leben die meiste Zeit des Jahres als Einzelgänger. Die Marder einer Gegend kennen sich gegenseitig und treten über Duftmarken miteinander in Kontakt. Sowohl die Weibchen (Fähen), als auch die Männchen (Rüden) des Steinmarders leben territorial, das heißt, sie beanspruchen ein bestimmtes Gebiet als Lebensraum und verteidigen es gegen gleichgeschlechtliche Artgenossen. Die jeweils andersgeschlechtlichen Artgenossen hingegen werden im eigenen Territorium geduldet. Hierdurch kommt es zu einer Überlappung der Reviere der Männchen mit denen der Weibchen. Die Reviere werden regelmäßig auf den selben „Runden“ (Pässe) bei der Nahrungssuche durchlaufen und mit Duftmarken sowie Kot und Urin markiert.

In der Regel sind die Reviere der Männchen größer als die der Weibchen. Insbesondere zur Paarungszeit versuchen die Männchen, ihre Reviere auszudehnen, um den Fortpflanzungserfolg durch Begatten von zwei oder gar drei Weibchen zu erhöhen. Telemetrieuntersuchungen, bei denen Steinmarder mit Sendern ausgestattet wurden, ergaben, daß die Reviere im Wald und Feld größer sind, als die Reviere in Dörfern oder Städten.

Ein mit einem Sender ausgestattetes Männchen wechselte vom Wald in die Stadt. Im Wald hatte es ein Revier von 292 Hektar beansprucht, in der Stadt war das Revier lediglich 88 Hektar groß. Bei Weibchen wurden in Dörfern Reviergrößen von 30 bis 40 Hektar, im Wald dagegen von 70 bis 80 Hektar gemessen.

Es wird angenommen, daß die Reviere in der Stadt kleiner als auf dem Land sein können, da hier mehr Versteckmöglichkeiten gefunden werden, und mehr Nahrung vorhanden ist als auf dem Land. Stirbt ein Marder oder wird sein Revier frei, bleibt dies nicht lange unbemerkt. Ein Jungtier, von denen immer einige die fremden Reviere durchstreifen, wird das freigewordene Revier gerne übernehmen.

Steinmarder sind dämmerungs und nachtaktiv. Den Tag über schlafen sie in geeigneten Verstecken. Reisighaufen, Brennholzstöße, Fuchsbaue, sowie Dachböden, Schuppen, Scheunen werden gern angenommen. Lediglich während der Aufzucht der Jungen wird der Tag-Nacht-Rhythmus gestört, da die Jungtiere auch tags aufwachen und beim Spielen die Mutter wecken. „Stadtmarder“ und „Landmarder“ unterscheiden sich bezüglich ihrer Aktivitätszeiten. Auf dem Land und im Wald sind Steinmarder früher und länger unterwegs als in der Stadt. Die Nahrungssuche ist auf dem Land schwieriger als in der Stadt. Zudem können die Marder auf dem Land früher am Abend mit der Nahrungssuche beginnen, da die Begegnungen mit dem Menschen nicht so häufig sind.

Steinmarder sind „Gewohnheitstiere“. Hat sich einmal ein Tagversteck, zum Beispiel ein Dachboden, als geeignet erwiesen, wird es regelmäßig zum Schlafen aufgesucht. In solchen Dächern können sich dann über die Jahre große Kotmengen ansammeln. Interessant ist, daß der Marder immer mehrere Unterschlupfmöglichkeiten in seinem Revier jeweils eine bestimmte Zeit lang benutzt. Nach Tagen oder Wochen wechselt er den Unterschlupf und sucht ihn erst nach Wochen oder Monaten erneut auf. Es ist anzunehmen, daß nach dem Tod eines Marders der Nachfolger durch die Duftmarken seines Vorgängers die geeigneten Verstecke findet und ebenfalls nutzt. Hierdurch können Dächer oder Scheunen über Jahrzehnte von Mardern genutzt werden.

Marder sind gute Kletterer. Sie sind in der Lage, Rauhputzwände hochzuklettern. Als Eingänge in die Dächer benötigen sie Öffnungen von 6 bis 8 Zentimetern. Da sie in den Dächern Kot, sowie einen charakteristischen Geruch hinterlassen, läßt sich die Ursache des nächtlichen Lärmes leicht feststellen. Auch anhand der Trittsiegel, die sie mit feuchten Pfoten im Dach oder im Schnee hinterlassen, kann man Marder erkennen. Steinmarder haben fünf Zehenballen sowie nicht einziehbare Krallen. Katzen dagegen können ihre Krallen einziehen, man sieht sie daher nicht im Trittsiegel, und sie hinterlassen nur den Abdruck von vier Ballen.

Ernährung

Steinmarder fressen sowohl tierische als auch pflanzliche Nahrung. Schon am Gebiß kann man diese Ernährungsweise ablesen. Die langen Eckzähne dienen zum Ergreifen und Töten, die zu Reißzähnen ausgebildeten ersten Backenzähne zum Zerschneiden der Beute. Die weiter hinten gelegenen Backenzähne sind dagegen in der Lage, pflanzliche Nahrung zu zermahlen. Der Marder bevorzugt jeweils die Nahrung, die der Jahreszeit und dem Revier entsprechend vorhanden und am leichtesten zu finden beziehungsweise zu fangen ist.

Die Hauptnahrung des Marders sind Mäuse. In Städten werden aber auch Ratten und Tauben gefangen. Untersuchungen in Basel ergaben zum Beispiel, daß die Hälfte aller gefressenen Vögel Stadttauben waren. Der Speisezettel des Marders ändert sich mit dem Jahreslauf. Insbesondere im Herbst zur Obsternte kann der pflanzliche Anteil der Nahrung bis zu 80 Prozent ausmachen.

Durch Untersuchungen der Überreste im Kot von Mardern hat man das Nahrungsspektrum ermittelt. Hierbei fand man Reste von 35 unterschiedlichen Säugetierarten, 43 Vogelarten sowie Reptilien, Amphibien, Fische, Insekten und Regenwürmer. Auch die pflanzliche Kost ist vielfältig. 38 verschiedene Früchte und Beeren konnten anhand der im Kot vorhandenen Kerne identifiziert werden.

Fortpflanzung und Entwicklung der Jungen

Die Paarungszeit (Ranz) ist im Juli. Anhand von Duftbotschaften erkennt der Rüde, wann die Fähe bereit ist. Er beißt sich im Nacken des Weibchens fest und umklammert sie bis zu zwei Stunden mit den Vorderbeinen. In dieser Zeit finden mehrere Kopulationen statt. Der Vorgang wird von lautem Gekreische der Fähe begleitet. Nach einer „Verschnaufpause“ können sich die Marder erneut paaren. Die Paarungsbereitschaft dauert ein bis zwei Tage an.

Erst im darauffolgenden März werden zwei oder drei, seltener vier, Junge geboren. Die für eine so kleine Tierart ungewöhnlich lange Tragzeit entsteht durch die Keimruhe. Die befruchtete Eizelle tritt in eine Entwicklungspause bis zum Februar.

Neugeborene Marder wiegen etwa 30 Gramm, sind 15 Zentimeter groß und sehr unselbständig. In der fünften Woche öffnen sie die Augen, ab der siebten Woche nehmen sie feste Nahrung zu sich und in der neunten Woche verlassen sie erstmals gemeinsam mit der Mutter das Nest. Bis zum Alter von 3 Monaten bleiben die Jungen im Nest, wenn die Mutter sie verläßt, erst ab dem 4. Monat werden sie zunehmend selbständig. Junge Marder spielen gern und ausgiebig. Im Spätsommer oder Herbst wandern die Jungtiere ab, um sich ein eigenes Revier zu suchen.

Alter, Krankheiten und Todesursachen

In Gefangenschaft können Marder zehn bis fünfzehn Jahre alt werden, wobei ab etwa acht Jahren Alterserscheinungen auftreten. Durch Krankheiten und den Konkurrenzdruck durch Artgenossen werden Marder in freier Wildbahn dagegen nicht so alt.

Mehrere Viruserkrankungen wie Tollwut, Staupe und Aujeszkysche Krankheit wurden am Steinmarder nachgewiesen. Darüber hinaus beherbergen Steinmarder eine Reihe von Parasiten. Zahlreiche Floharten, Milben, Nemathoden und Bandwürmer leben auf oder im Marder.

Als die wahrscheinlich bedeutendste Todesursache in Deutschland wird der Straßenverkehr angegeben. Betroffen sind vor allem Jungtiere, die auf der Suche nach einem Revier umherstreifen.

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